Die Folgen der neuen Zollpolitik der US-Regierung unter Präsident Donald Trump treffen Apple (Apple Aktie) mit voller Wucht. Der weltgrößte Technologiekonzern, dessen Produktion stark von chinesischen Fertigungsstätten abhängt, musste innerhalb weniger Tage einen historischen Börsenwertverlust von mehr als 500 Milliarden US-Dollar hinnehmen. Damit rutschte Apple von Platz eins der wertvollsten Unternehmen der Welt auf Rang zwei hinter Microsoft.
Im Mittelpunkt der Turbulenzen stehen drastisch erhöhte Importzölle auf Elektronikprodukte aus China, die nun mit 104 Prozent belegt werden. Apple ist davon besonders betroffen: Nahezu sämtliche iPhones, die auf dem US-Markt verkauft werden, stammen aus chinesischer Produktion. Bereits zuvor waren Zölle von 54 Prozent in Kraft – ein Niveau, das die Hardwarekosten eines iPhone 16 Pro um etwa 300 US-Dollar auf 850 US-Dollar ansteigen ließ. Mit der Verdopplung der Zölle steigen diese Kosten potenziell auf über 1000 US-Dollar – nahezu so viel wie der aktuelle Verkaufspreis des Geräts in den USA (ca. 1100 US-Dollar).
Diese Entwicklungen stellen Apples Margen massiv unter Druck. Angesichts eines Deckungsbeitrags von oftmals über 50 Prozent in der Vergangenheit bietet Apple zwar theoretisch Spielraum, um die höheren Kosten aufzufangen – doch nicht ohne Konsequenzen für Preisgestaltung, Produktion und Marktposition.
Laut Analysen der Investmentbank Rosenblatt und anderer Branchenexperten wären Preisanstiege von über 40 Prozent beim iPhone und der Apple Watch notwendig, um die gestiegenen Zollkosten vollständig zu kompensieren. Damit würden Premium-Modelle wie das iPhone 16 Pro auf über 2300 US-Dollar steigen – ein Preisniveau, das vermutlich viele Konsumenten abschrecken dürfte.
Zwar ist derzeit unklar, inwieweit diese Preisentwicklung auch Europa betreffen wird. Doch es gibt Hoffnung für europäische Kunden: Aufgrund getrennter Lieferketten für EU-Märkte könnten viele Geräte weiterhin direkt aus Asien bezogen werden, ohne den Umweg über die USA – und somit ohne von den dortigen Zöllen betroffen zu sein. In Deutschland kostet das Basismodell des iPhone 16 aktuell rund 949 Euro – deutlich mehr als in den USA, was Apple laut Experten bislang durch eine weltweite Preisparität zu rechtfertigen versuchte. Dieses Modell dürfte künftig schwerer durchzuhalten sein.
Um der Zollspirale zu entkommen, forciert Apple die geografische Diversifikation seiner Produktionsstandorte. Indien spielt hierbei eine zentrale Rolle: Bereits 2025 sollen laut Branchenschätzungen etwa 25 Millionen iPhones dort gefertigt werden. Ein größerer Teil dieser Produktion könnte künftig direkt in die USA exportiert werden – dort fallen derzeit lediglich 26 Prozent Zoll an. Auch Brasilien rückt ins Visier der Apple-Strategen. Zwar sind dortige Kapazitäten bislang begrenzt, doch angesichts eines moderateren Zollniveaus von nur zehn Prozent gilt das Land als möglicher Ergänzungsstandort.
Neil Shah von Counterpoint Research betont allerdings, dass ein vollständiger Ersatz der China-Produktion kurz- bis mittelfristig unrealistisch sei. Apple hat rund drei Jahre benötigt, um die indischen Kapazitäten auf das aktuelle Niveau zu bringen – eine weitere Verlagerung würde entsprechend viel Zeit und Investitionen erfordern.
Der Kursrückgang der Apple-Aktie fiel in den vergangenen Tagen historisch aus: Allein auf Wochensicht liegt das Minus bei etwa 21 Prozent. Die Marktkapitalisierung verringerte sich zeitweise um über 700 Milliarden US-Dollar. Jefferies-Analyst Edison Lee stufte die Aktie nach dem Kursverfall von „Verkaufen“ auf „Halten“ hoch, senkte jedoch das Kursziel deutlich von 202,33 auf 167,88 US-Dollar. Dies lässt Raum für weitere moderate Rückgänge.
Lee begründet seine Einschätzung mit dem Potenzial einer politischen Einigung und Apples Zusage, in den nächsten vier Jahren rund 500 Milliarden US-Dollar in den USA zu investieren. Zudem könnten Produktionsverlagerungen als politisches Entgegenkommen gewertet werden, was Apple mittel- bis langfristig von weiteren Strafmaßnahmen entlasten könnte.
Die Bank of America (Bank of America Aktie) hingegen zeigt sich deutlich optimistischer. Analyst Wamsi Mohan bewertet den Kursrückgang als Kaufgelegenheit und bestätigt sein Kursziel von 250 US-Dollar – ein Potenzial von rund 39 Prozent gegenüber dem aktuellen Niveau. Mohan verweist auf den stabilen Cashflow, die Ertragskraft sowie Apples Innovationspotenzial, insbesondere im Bereich Künstliche Intelligenz.
Unbestätigten Medienberichten zufolge hat Apple in der letzten Märzwoche bereits umfangreiche Lieferungen in die USA vorgenommen, bevor die neuen Zölle in Kraft traten. In Indien sollen mindestens fünf Frachtflugzeuge mit Apple-Produkten gestartet sein. Ähnliche Maßnahmen aus China seien ebenfalls erfolgt. Diese Strategie könnte Apple helfen, kurzfristige Lieferengpässe zu überbrücken und Preisspitzen abzudämpfen.
Apple steht am Scheideweg. Der Konzern muss sich auf eine neue Ära geopolitischer Risiken einstellen, die tiefgreifende Auswirkungen auf seine Produktionsstrategie, Preisgestaltung und Marktperformance haben. Die derzeitige US-Zollpolitik zwingt CEO Tim Cook, schneller als geplant neue Lieferketten zu etablieren und flexibel auf politische Entwicklungen zu reagieren.
Während kurzfristige Auswirkungen auf die europäische Preisstruktur begrenzt sein dürften, stellt sich langfristig die Frage, inwieweit Apple seine globale Preisstrategie und Produktionsarchitektur anpassen kann – ohne dabei seine Premium-Marke zu gefährden. Für Investoren bleibt der Titel damit zwar attraktiv, jedoch unter erhöhtem Risiko durch die genannten Unsicherheiten.
Quellen: dpa-AFX/Reuters
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