Die Salzgitter AG, einer der führenden Stahlhersteller Deutschlands, zieht angesichts eines drastischen Ergebnisrückgangs und einer angespannten wirtschaftlichen Lage die Reißleine. Das Unternehmen hat beschlossen, sein ursprünglich auf 250 Millionen Euro jährlich angelegtes Effizienzprogramm auf 500 Millionen Euro auszuweiten – ein erheblicher Schritt, der das Unternehmen finanziell stabilisieren und strategisch neu ausrichten soll.
Wie Vorstandschef Gunnar Groebler gegenüber der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, liegt der Fokus des verschärften Sparkurses auf strukturellen Einsparungen in den Bereichen Einkauf, Logistik und Vertrieb. Personalkosten stehen dabei zwar nicht im Zentrum, werden aber ebenfalls nicht vollständig verschont bleiben. „Wenn Sie Effizienzvorteile heben, hat das am Ende des Tages auch eine Wirkung auf Arbeitsplätze“, so Groebler. Gleichwohl setzt das Unternehmen auf sozialverträgliche Lösungen – Gespräche mit Arbeitnehmervertretern laufen bereits.
Im Geschäftsjahr 2024 geriet Salzgitter unter massiven Druck. Eine Kombination aus schwacher Industriekonjunktur, rückläufiger Stahlnachfrage, hoher Energiepreise und zunehmender Importkonkurrenz schlug sich deutlich in der Bilanz nieder. Das Unternehmen verzeichnete einen Nettoverlust von 348 Millionen Euro, nachdem im Vorjahr noch ein Gewinn von 204 Millionen Euro erzielt worden war. Zu den Hauptursachen zählen Wertberichtigungen, Rückstellungen sowie Restrukturierungskosten.
Die Umsatzentwicklung stagnierte, und auch für das laufende Geschäftsjahr 2025 gibt sich das Management zurückhaltend: Es wird bestenfalls mit stabilen Erlösen und einer leichten Ergebnisverbesserung gerechnet. Ein spürbarer Aufschwung scheint aktuell nicht in Sicht.
Im Rahmen des erweiterten Sparprogramms will Salzgitter auch seine Investitionsausgaben kritisch prüfen. Geplant ist eine Neubewertung aller laufenden und geplanten Investitionsprojekte hinsichtlich ihrer Notwendigkeit und ihres zeitlichen Horizonts. Hierdurch sollen zusätzliche Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich erzielt werden.
Eine Ausnahme bildet der Transformationsprozess hin zur CO₂-armen Stahlproduktion. Der Vorstand hält unverändert an den Umbauplänen fest. Im Mittelpunkt steht das Projekt Salcos (Salzgitter Low CO₂ Steelmaking), bei dem der Einsatz von Wasserstoff die Emissionen der Stahlproduktion signifikant reduzieren soll. Die Inbetriebnahme ist binnen der nächsten 18 Monate geplant.
Trotz der aktuellen Herausforderungen sieht sich Salzgitter nicht ausschließlich in der Defensive. Das Unternehmen erkennt neue Chancen durch die sicherheits- und verteidigungspolitische Neuausrichtung der Bundesregierung. Milliardeninvestitionen in Verteidigung und Infrastruktur könnten mittelfristig zu bedeutenden Aufträgen führen.
„Das Thema Defense wird eine größere Bedeutung bekommen“, so Groebler. Salzgitter positioniert sich gezielt mit Produkten wie Sicherheitsstahl oder Spezialrohren für Militärfahrzeuge. Eine interne Taskforce wurde eingerichtet, um die Geschäftsmöglichkeiten strukturiert zu erschließen und zu koordinieren.
Ein wichtiges strategisches Thema bleibt die Zukunft des Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM), das gemeinsam mit Thyssenkrupp (ThyssenKrupp Aktie) betrieben wird. Nachdem ein potenzieller Investor kürzlich von einer Übernahme zurücktrat, ist unklar, wie es mit der Beteiligung weitergeht. Groebler betonte erneut, dass Salzgitter keine Komplettübernahme anstrebe. HKM sei für Salzgitter als Zulieferer essenziell, insbesondere im Hinblick auf das geplante Wachstum im Verteidigungsgeschäft. Eine Schließung sei keine Option, jedoch sei die Anlage in ihrer heutigen Form für Salzgitter allein zu groß.
„Wir sind jetzt in Gesprächen, was ein Alternativszenario sein kann“, erklärte der Vorstandsvorsitzende. Ziel sei es, eine tragfähige Lösung für beide Partner zu finden, ohne die Versorgungssicherheit und strategischen Zielsetzungen des Unternehmens zu gefährden.
Die kommenden Jahre werden für Salzgitter entscheidend. Einerseits zwingt die konjunkturelle Schwäche das Unternehmen zu harten Einschnitten. Andererseits läuft mit dem Umbau zur grünen Stahlproduktion und der strategischen Ausrichtung auf Verteidigungs- und Infrastrukturausbau ein Transformationsprozess mit langfristig betrachtet durchaus hohem Potenzial. Die Kunst wird darin liegen, beides in Einklang zu bringen: kurzfristige Stabilisierung und langfristige Wettbewerbsfähigkeit.
Quellen: dpa/sueddeutsche.de
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