Der Münchner Chiphersteller Infineon (Infineon Aktie) Technologies AG hat am Montagabend den milliardenschweren Zukauf einer zentralen Technologiesparte von Marvell Technology angekündigt. Für rund 2,5 Milliarden US-Dollar (entspricht etwa 2,3 Milliarden Euro) übernimmt Infineon das Geschäft mit Ethernet-Komponenten für Fahrzeuge. Mit dieser strategischen Akquisition stärkt das Unternehmen seine Position im Zukunftsmarkt softwaredefinierter Fahrzeuge und adressiert zugleich weitere wachstumsstarke Bereiche wie Robotik und industrielle KI-Anwendungen.
Ethernet-Technologie gilt als zentrale Grundlage für vernetzte, softwaredefinierte Fahrzeuge, bei denen Daten in Echtzeit und mit höchster Bandbreite übertragen werden müssen. Die zugekaufte Sparte von Marvell ermöglicht Übertragungsraten zwischen 100 Megabit und 10 Gigabit pro Sekunde und erfüllt gleichzeitig hohe Anforderungen an Cybersicherheit. Der Zukauf ergänzt Infineons bestehendes Automotive-Portfolio optimal und ist laut Vorstandschef Jochen Hanebeck ein „strategisch hervorragender Fit“.
„Unsere Kunden verlangen nach umfassenden Systemlösungen – von der Sensorik über die Datenverarbeitung bis zur Kommunikation im Fahrzeug. Mit diesem Schritt können wir ihnen künftig noch besser integrierte Technologien anbieten“, so Hanebeck.
Die Finanzierung der Übernahme erfolgt durch eine Kombination aus vorhandener Liquidität und zusätzlicher Fremdfinanzierung. Trotz des hohen Kaufpreises signalisiert Infineon damit finanzielle Stabilität und Vertrauen in die Wachstumschancen der übernommenen Geschäftseinheit.
Die Marvell-Sparte erwartet für das Kalenderjahr 2025 einen Umsatz zwischen 225 und 250 Millionen US-Dollar bei einer Bruttomarge von rund 60 Prozent. Infineon geht langfristig von einem starken Wachstum aus: Bis zum Jahr 2030 wird ein durchschnittliches Umsatzwachstum von etwa 25 Prozent pro Jahr prognostiziert. Eine zentrale Rolle spielt hierbei die sogenannte Design-Win-Pipeline im Umfang von etwa vier Milliarden US-Dollar. Diese Pipeline bezeichnet konkret zugesagte Kundenprojekte in der Designphase, die voraussichtlich in die Serienfertigung übergehen.
Zu den mehr als 50 bestehenden Kunden zählen acht der zehn weltweit führenden Automobilhersteller, was man als starkes Signal für die Marktakzeptanz der Technologie werten kann.
Infineon rechnet durch die Integration der neuen Sparte mit signifikanten Synergien, vor allem im Bereich Forschung & Entwicklung sowie bei Fertigungsprozessen. Der Konzern will die Kompetenzen bündeln und technologische Überschneidungen effizient nutzen. Insgesamt beschäftigt die übernommene Einheit mehrere hundert Mitarbeiter, die weitgehend übernommen werden sollen.
Besonders bemerkenswert ist der strategische Weitblick, den Infineon bei der Einordnung des Zukaufs zeigt. Neben dem automobilen Einsatzgebiet sieht das Unternehmen auch Anwendungsmöglichkeiten in der sogenannten physischen künstlichen Intelligenz – konkret etwa im Bereich humanoider Roboter. In Kombination mit anderen Infineon-Technologien wie Sensorik und Aktorik sollen damit künftig ganzheitliche Lösungen entstehen, die auch außerhalb des Automobilsektors neue Märkte erschließen können.
Trotz des strategisch positiven Signals zeigte sich die Börse am Dienstagvormittag zunächst zurückhaltend. Die Infineon-Aktie verlor rund 1,2 Prozent. Marktbeobachter führen dies weniger auf die Transaktion selbst zurück, sondern verweisen auf eine allgemein angespannte Stimmung im Technologiesektor sowie Unsicherheiten in Bezug auf die US-Zollpolitik.
Mehrere Analysehäuser passten jüngst ihre Kursziele für Infineon nach unten an. Der übergeordnete Trend zeigt derzeit eine hohe Abhängigkeit von globalen Handelsbeziehungen, vor allem zwischen den USA, China und der EU – ein Faktor, der die Bewertung technologielastiger Titel derzeit stark beeinflusst.
Der Vollzug der Transaktion steht noch unter dem Vorbehalt der behördlichen Genehmigungen, insbesondere durch das US-amerikanische Komitee für Auslandsinvestitionen (CFIUS). Infineon rechnet damit, dass die Übernahme im Laufe des Jahres 2025 abgeschlossen werden kann.
Mit dem Zukauf der Automotive-Ethernet-Sparte von Marvell Technology investiert Infineon gezielt in die Zukunftsfähigkeit seines Automotive-Segments. Der Schritt ist nicht nur ein Ausbau der technologischen Kompetenz im Bereich softwaredefinierter Fahrzeuge, sondern eröffnet auch neue Wachstumsfelder in angrenzenden Märkten wie der Industrieautomatisierung und Robotik. In einem global volatilen Umfeld setzt Infineon damit ein strategisch klares Signal der Diversifizierung.
Quellen: Reuters/dpa-AFX/manager.magazin.de
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