Der Essener Energiekonzern RWE will seine Investitionen in den kommenden Jahren deutlich reduzieren. Statt der ursprünglich geplanten 55 Milliarden Euro sollen bis 2030 nur noch 45 Milliarden Euro investiert werden. Von diesen Mitteln sind bereits zehn Milliarden Euro geflossen. Der Grund für diese Anpassung liegt laut RWE-Vorstandschef Markus Krebber in gestiegenen Kosten durch Inflation, höhere Zinsen und geopolitische Unsicherheiten, die insbesondere Offshore-Windprojekte betreffen.
„Das Investitionsfeld ist unsicher geworden“, erklärte Krebber bei der Vorlage der Jahreszahlen. Auch die zuletzt rückläufigen Strom- und Gaspreise haben das bereinigte EBITDA des Unternehmens um 26 Prozent auf 5,7 Milliarden Euro sinken lassen. Diese Entwicklung spiegelte sich unmittelbar im Aktienkurs wider, der nach Bekanntgabe der Zahlen um mehr als drei Prozent nachgab.
Trotz des Gewinnrückgangs setzt RWE verstärkt auf Kapitalrückflüsse für seine Aktionäre. So wurde ein Aktienrückkaufprogramm in Höhe von 1,5 Milliarden Euro angekündigt. Gleichzeitig steigt die Dividende: Für das Jahr 2024 sollen die Aktionäre 1,10 Euro je Aktie erhalten, für 2025 ist eine Erhöhung auf 1,20 Euro vorgesehen.
Bereits im November hatte RWE angekündigt, dass sich Investitionen verzögern könnten. Besonders betroffen sind Offshore-Windprojekte in den USA, deren Zukunft aufgrund kritischer Äußerungen des ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump unsicher ist. Zudem gestaltet sich der Ausbau der europäischen Wasserstoffwirtschaft langsamer als erhofft.
Trotz der Kürzungen könnte RWE von den Plänen einer möglichen schwarz-roten Bundesregierung profitieren. Union und SPD verhandeln derzeit über ein milliardenschweres Finanzpaket, das unter anderem Investitionen in Infrastruktur und Klimaschutz umfasst.
Der Klima- und Transformationsfonds (KTF), für den 100 Milliarden Euro vorgesehen sind, könnte RWE beim Ausbau erneuerbarer Energien zugutekommen. Das Unternehmen plant weiterhin Investitionen in Gaskraftwerke sowie in Wind-, Solar- und Batteriespeicherprojekte. Derzeit sind 150 Projekte mit einer Gesamtkapazität von 12,5 Gigawatt im Bau, neun Gigawatt davon sollen innerhalb der nächsten zwei Jahre ans Netz gehen.
Vorstandschef Markus Krebber und Eon-Chef Leonhard Birnbaum hatten jüngst eine gemeinsame Strategie zur Senkung der Kosten der Energiewende vorgelegt. Ein zentraler Punkt ihrer Forderungen: Die Ausbauziele für erneuerbare Energien sollten sich stärker am realen Stromverbrauch orientieren.
Die Bundesregierung geht aktuell von einem Stromverbrauch von 750 Terawattstunden bis 2030 aus. Da jedoch weniger Elektroautos und Wärmepumpen verkauft wurden als erwartet, könnte der tatsächliche Bedarf geringer ausfallen. Damit würden auch einige geplante Netzausbauprojekte nicht mehr im bisherigen Umfang benötigt.
Krebber fordert daher eine gezieltere Planung der Netzinfrastruktur, die durch eine sogenannte Netzampel sichtbar gemacht werden könnte. Diese Ampel soll Gebiete kennzeichnen, in denen ein Netzausbau wirtschaftlich sinnvoll ist und priorisiert werden sollte.
Ein weiteres zentrales Anliegen ist die Anpassung der Offshore-Windkraft-Ziele. Statt der geplanten 70 Gigawatt bis 2045 hält Krebber ein Ziel von 50 Gigawatt für realistischer. Er verweist auf Verschattungseffekte, die entstehen, wenn Windparks zu nah beieinander liegen und sich gegenseitig den Wind nehmen. Eine effizientere Platzierung der Turbinen könne die Energieausbeute verbessern.
Zusätzlich schlagen Krebber und Birnbaum vor, fixe Einspeisevergütungen für erneuerbare Energien abzuschaffen und keine Vergütung in Stunden mit negativen Strompreisen zu zahlen. Außerdem sollen Betreiber von Energieparks stärker an den Netzanschlusskosten beteiligt werden, insbesondere dann, wenn sie in Regionen mit unzureichender Netzinfrastruktur investieren. Diese Regelung soll auch für private Photovoltaikanlagen gelten.
Ein weiteres ungelöstes Problem sieht Krebber in der fehlenden Kraftwerksstrategie der Bundesregierung. Neue Gaskraftwerke sind essenziell, um die Versorgungssicherheit bei einer verstärkten Nutzung erneuerbarer Energien zu gewährleisten. Er fordert daher, dass die Regierung innerhalb der nächsten drei Monate eine Strategie vorlegt, damit die geplanten Kraftwerke bis 2030 tatsächlich realisiert werden können.
Mit der Kürzung der Investitionen um zehn Milliarden Euro und der verstärkten Fokussierung auf Aktionärsrenditen passt sich RWE an die veränderten wirtschaftlichen Bedingungen an. Gleichzeitig fordert das Unternehmen eine pragmatischere und kosteneffizientere Umsetzung der Energiewende.
Ob RWE tatsächlich von den geplanten Finanzmitteln der künftigen Bundesregierung profitieren kann, bleibt abzuwarten. Klar ist jedoch, dass Krebber einen stärkeren Fokus auf Wirtschaftlichkeit und Umsetzbarkeit fordert – und damit die politische Debatte um die Energiewende weiter anheizt.
Quelle: handelsblatt.de
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