Der Konflikt zwischen Ben & Jerry’s und dem Mutterkonzern Unilever erreicht einen neuen Höhepunkt. Das US-Unternehmen hat vor einem Bundesgericht in Manhattan Klage eingereicht, nachdem Unilever die Entlassung von CEO Dave Stever ohne Rücksprache beschlossen hatte. Laut der Klageschrift wurde Stever nicht aufgrund mangelnder Leistung, sondern wegen seiner Unterstützung der sozialen Mission und Markenwerte von Ben & Jerry’s entlassen.
Bereits im Januar hatte Unilever Stever vorgeworfen, die sozialpolitischen Initiativen des Eiscremeherstellers zu stark zu fördern. Die aktuelle Klage bezeichnet das Eingreifen von Unilever als eine „neue Stufe der Unterdrückung“. Besonders brisant: Im Februar untersagte Unilever Ben & Jerry’s, den Black History Month zu würdigen. Zudem wurde dem Unternehmen verboten, sich für die Freilassung von Mahmoud Khalil einzusetzen – einem US-Aufenthaltsberechtigten, der an propalästinensischen Protesten in den USA teilgenommen hat und dessen Abschiebung unter der Trump-Regierung droht.
Ben & Jerry’s verteidigt seit Jahren seine Unabhängigkeit innerhalb des Unilever-Konzerns. Das Unternehmen wurde im Jahr 2000 übernommen, behielt jedoch eine weitgehende Eigenständigkeit in Bezug auf seine Markenpolitik und soziale Agenda. Die Spannungen eskalierten erstmals 2021, als Ben & Jerry’s den Verkauf seiner Produkte im israelisch besetzten Westjordanland stoppte. Unilever distanzierte sich von dieser Entscheidung und verkaufte das Geschäft später an einen Lizenznehmer.
Die aktuelle Klage ist Teil eines andauernden juristischen Konflikts, in dem Ben & Jerry’s seine Markenidentität und Unabhängigkeit schützen will. Der langjährige Mitarbeiter Dave Stever, der seit 1988 für das Unternehmen tätig war und sich bis zum CEO hocharbeitete, spielte eine zentrale Rolle in der Markenstrategie. Ob er weiterhin für Ben & Jerry’s tätig ist, bleibt unklar.
Der Machtkampf innerhalb des Konzerns kommt zu einem kritischen Zeitpunkt: Unilever plant, seine gesamte Eissparte – zu der neben Ben & Jerry’s auch Marken wie Langnese und Magnum gehören – noch in diesem Jahr auszugliedern und an die Börse zu bringen. Diese Neuausrichtung des Unternehmens deutet darauf hin, dass Unilever sich von Geschäftsfeldern mit starkem sozialpolitischem Engagement distanzieren könnte, um sich stärker auf das Kerngeschäft zu konzentrieren.
Unilever selbst sorgte kürzlich für Schlagzeilen, als es seinen CEO Hein Schumacher nach nur knapp zwei Jahren im Amt überraschend austauschte. Diese Personalentscheidung zeigt, dass der Konzern sich inmitten einer umfassenden Umstrukturierung befindet.
Es bleibt abzuwarten, wie sich der Rechtsstreit zwischen Ben & Jerry’s und Unilever weiterentwickelt. Klar ist jedoch, dass der Konflikt weit über eine einzelne Personalentscheidung hinausgeht – er spiegelt grundsätzliche Spannungen zwischen wirtschaftlicher Kontrolle und sozialer Markenidentität wider.
Quelle: manager-magazin.de
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